Weisheiten zum Thema Networking gibt es viele. Doch an welchen ist wirklich etwas dran? Unser Gastautor Björn Bandemer hat die besten Sprüche gesammelt und verrät Ihnen, was Sie daraus für erfolgreiches Netzwerken lernen können. Lesen Sie jetzt die Claims Nummer 6 bis 10…
Haben Sie den ersten Teil verpasst? Hier lesen Sie die Claims 1 bis 5.
6. Netzwerken ist nicht bilateral, sondern polylateral
„Ich aktiviere jetzt mal mein Netzwerk“ heißt es oft. Und damit wird oft gemeint: „Ich rufe meine Kontakte an und bringe mich nach langer Zeit wieder ins Gedächtnis“. Und dann die bange Frage: „Welchen Aufhänger nehme ich?“. Denkfehler!
„Kontakte anrufen“ ist und bleibt „Kontakte anrufen“ und hat mit Netzwerken nichts zu tun. Der Begriff „Netzwerken“ sagt schon, dass es sich eigentlich um die Verknüpfung von Kontakten handelt. Vernetzen. Polylateral – nicht bilateral. Also: Korrektur des Denkfehlers und Überlegung vor einem Anruf: „Wer könnte Interesse an einem Kontaktkurzschluss haben?“ „Zwischen welchen meiner Kontakte könnte ich Vermittler sein?“
Und schon sind zwei Dilemmas gelöst. Erstens habe ich plötzlich einen Aufhänger für einen Anruf. Und dann auch noch gleich den zweiten Anruf auf dem Zettel. Und: die Formel „2x Geben“ ist mit einer einzigen echten Netzwerk-Aktion gelöst. Zwei meiner Kontakte habe ich einen Gefallen getan.
Wichtigste Voraussetzung dafür: ich muss mir VOR einer Kontaktaufnahme Gedanken machen. Und noch viel früher muss ich mir einen Überblick über ALLE meine Kontakte verschaffen. Das bedeutet Fleißarbeit, Zusammentragen und Sichten von Visitenkarten, Recherche in Outlook, XING und LinkedIn. Trage ich meine Kontakte zusammen und habe immer die Frage im Hinterkopf „mit wem könnte ich wen verknüpfen?“, dann wird aus der mühevollen Fleißarbeit eine einfache und inspirierende Spaßaufgabe.
7. Die Kontakte der Kontakte machen den wahren Netzwert aus
Sie haben es sicherlich schon immer gewusst: die direkten Kontakte sind uns zwar am nächsten, aber selten kommen Jobs, Angebote oder Anfragen aus dem direkten Umfeld. Meistens sind es die Kontakte der Kontakte, die auf Empfehlung auf mich zukommen. Schon allein die große Zahl der indirekten Kontakte ist beeindruckend. Man vergisst leicht, dass es ein Vielfaches der direkten Kontakte ist. Ein XING-Mitglied mit 100 Kontakten kann auf bis zu 10.000 indirekte Kontakte zugreifen, wenn jeder Kontakt 100 Kontakte hat
Jetzt aber nur auf Empfehlungen zu warten ist sicher nicht der beste Ratgeber. Seien Sie proaktiv und gehen Sie auf die Kontakte Ihrer Kontakte zu. Entweder direkt unter Bezug auf den gemeinsamen Kontakt. Oder noch besser: initiiert durch den gemeinsamen Kontakt. Diese Vorgehensweise ist natürlich in digitalen Netzwerken wie XING und LinkedIn einfacher und auch gewollt. In analogen Offline-Netzwerken ist es schon etwas aufwändiger. Wichtig aber auch hier: Niemals fragen: „Wen kennst Du?“ „Wenn Du was hörst…“ oder „Hör Dich doch mal um…“. Sondern immer konkret nach bestimmten Personen, Firmen, Kontakten fragen. Das macht es dem Gegenüber einfacher zu helfen. Hinzu kommt, dass es im Stress des Alltags allzu häufig vorkommt, dass dann in einem anderen Zusammenhang doch nicht die Transferleistung „das könnte doch was für… sein“ erbracht wird.
8. Never eat alone. Mittagstermine sind perfekte Netzwerktermine
Das Buch mit diesem Titel von einem der größten Netzwerkexperten Keith Ferrazzi sagt: Mittagstermine sind die besten Netzwerktermine! Mittagessen muss nämlich jeder. Jeden Tag! Mittagstermine sind unverbindlich und meist zeitlich begrenzt auf eine halbe oder eine knappe Stunde. Man stielt keine Zeit und sie finden auf neutralem Grund in einem Restaurant und meist in einer mehr privaten als rein geschäftlichen Atmosphäre statt. Und: Sie werden mit einer niedrigeren Erwartungshaltung geführt als ein Besuch im Büro. Wenn man sich in seinen Kontakten eine Übersicht nach Städten macht, fällt es sehr leicht, jeden Besuch in einer anderen Stadt mit einem oder gar zwei Lunchterminen zu füllen. Ein Anruf oder eine E-Mail „ich bin in drei Wochen mal wieder in München, hast Du Lust auf ein gemeinsames Mittagessen?“ ist leicht geschrieben und stellt keine großen Fragen nach dem Warum.
9. Zwei Stunden am Tag Netzwerken ist die beste Berufsversicherung
Man kann sich gegen eine mögliche Berufsunfähigkeit versichern oder eine Betriebsschadenhaftpflichtversicherung abschließen. Aber wie sichere ich mich gegen berufliche Misserfolge ab? Mit einem guten Netzwerk! Natürlich sind Kompetenz, Talent und Leistungsbereitschaft die größten Erfolgsgaranten. Keiner ist nur erfolgreich, weil er ein „Netzwerker“ ist und sonst keine Ahnung hat. Ein funktionierendes Netzwerk ist aber immer das i-Tüpfelchen.
Aber ein Netzwerk ist eben auch genau das, was es im Wortsinne ist: ein Netz, das mir – während ich auf dem Seil tanze – Sicherheit gibt und mich, wenn ich die Balance verliere, rettet. Vielleicht sogar wieder mit Schwung auf das Seil hinauf.
Gewöhnliche Versicherungen bezahlt man mit Geld aus einem Teil des Einkommens. Netzwerke kosten Zeit. Arbeitszeit. Legen Sie jeden Tag 10-20 % Ihrer Arbeitszeit in Form von Netzwerken als Rücklage für Ihre berufliche Zukunft zurück! Netzwerke helfen übrigens nicht nur, wenn Sie auf der Suche nach einer neuen Aufgabe sind. Sondern auch davor und danach. „Kontakte schaden nur dem, der sie nicht hat“. Und zwar auch innerhalb eines Jobs durch eine gute Kunden- oder Lieferantenpflege, partnerschaftlichen Austausch mit Kollegen, Vorgesetzten und Mitarbeitern. Netzwerken hilft immer!
10. Know-how gegen Kontakte – Vorträge als Kontakt-Katalysator
Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, Ihr Wissen gegen Kontakte zu tauschen? Auf der Suche nach komplett neuen Kontakten bieten sich Impuls-Vorträge als Referent oder Speaker bei Kundenveranstaltungen zu unterschiedlichen Anlässen und Unternehmen förmlich an. Jeder hat zwei oder drei Themen, in denen er sich sicher bewegt und einer interessierten Zuhörerschaft Mehrwert und Wissen anbieten kann. Warum dies nicht dazu nutzen, das Netzwerk zu erweitern? Aber Achtung: es ist nicht nur damit getan, auf dem Podium zu sitzen oder am Pult zu stehen und über ein Thema zu referieren.
Mit ein bisschen Geschick und Planung ist es leicht möglich, die Teilnehmer der Veranstaltung namentlich kennen zu lernen, oftmals sogar mit Firma und Funktionsbezeichnung: Wortmeldungen zwischendurch zulassen, aber mit kurzer Namensvorstellung. Sichtung der Teilnehmerlisten und Kontaktierung nach der Veranstaltung auf XING oder LinkedIn. Gesprächsbereitschaft und ausreichend Zeit für ein Smalltalk direkt im Anschluss an den Vortrag. Es gibt viele kleine Tricks, um aus einem anonymen Auditorium viele neue 1:1-Kontakte zu machen.
Können Sie meine Top-10 mit weiteren guten Claims ergänzen? Oder sind Sie vielleicht ganz anderer Meinung? Dann kommentieren Sie diesen Beitrag. Ich freue mich, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen.
Ihr Björn Bandemer
[Bildnachweis: © Yuri Arcurs/fotolia.com]
Über den Gastautor
Björn Bandemer ist Experte für Networking und Interim Management. In seiner Funktion als Managing Partner bei van de Meer & Cie. sowie als Netzwerkberater für Senior Executives bei von Rundstedt, berät er Top-Manager und Führungskräfte in der Netzwerkarbeit. Zuvor war Björn Bandemer unter anderem 12 Jahre selbständiger Personal-/ Unternehmensberater sowie Geschäftsführer der Hanse Interim Management GmbH. Sein Karrieretipp für Sie: „Never eat alone“.
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