Auf dem Rückweg von einem beeindruckenden Austausch mit einem Unternehmer sitze ich in der Bahn und durchquere das verregnete Norddeutschland. Unser Gespräch drehte sich insbesondere um die Frage: „Wann ist ein Kandidat für mein Unternehmen geeignet?“. Der Unternehmer sagte einen einfachen, sehr bestechenden Satz und zeigte damit eine der großen Herausforderungen der Personalauswahl auf: „Es muss einfach passen!“. Doch wie messe ich diesen Cultural Fit?
In meinem letzten Blogartikel habe ich vier Thesen formuliert, warum Sie den Cultural Fit in der Personalauswahl berücksichtigen sollten. Für meinen Standpunkt, dass es auf die kulturelle Passung eines Kandidaten ankommt, nicht nur auf Skills und Berufserfahrung, habe ich viel Zustimmung erhalten. Auch mein zurückliegendes Gespräch mit dem Unternehmer aus Norddeutschland, über das ich gerade noch nachdenke, hat mir erneut die Relevanz des Cultural Fit vor Augen geführt. Doch wie kann ich die Passung eines Kandidaten zuverlässig und treffsicher ermitteln? Wie stellen Sie als Führungskraft, als Unternehmer, als Personaler sicher, dass im ganzen Unternehmen eine einheitliche oder zumindest ähnliche Vorgehensweise in der Personalauswahl gewählt wird? Viele Unternehmer und Personaler suchen nach Antworten. Auch die Reaktionen auf meinen letzten Blogbeitrag haben das gezeigt. Karsten Jödicke kommentierte zum Beispiel: „Ganz zum Schluss Ihres Artikels wird es spannend: die Faktoren des Cultural Fit und die Messung im Auswahlprozess. Ich hoffe da auf Details in Ihrem nächsten Blog.“
Wie also kann ich die kulturelle Passung eines Kandidaten messen?
In diesem Artikel erläutere ich Ihnen gemeinsam mit meinem Kollegen Dr. Christian Siemen, wie wir bei von Rundstedt vorgehen und warum. Gemeinsam haben wir ein Cultural-Fit-Tool entwickelt, das wir zukünftig in unseren Executive Search Projekten einsetzen werden, um die Auswahl des passenden Kandidaten für das suchende Unternehmen abzusichern. Lesen Sie weiter und erfahren Sie mehr.
Messung von Cultural Fit: Das Team vs. das Unternehmen
Einschlägige Quellen sprechen im Zusammenhang mit Cultural Fit stets von einer Unternehmenskultur. Und im Kern geht es auch um die Passung des Kandidaten in die Kultur des Unternehmens. Konkreter müsste es jedoch lauten: die Passung zu den Menschen, die das Unternehmen letztlich ausmachen. Wir bei von Rundstedt sind davon überzeugt, dass eine Kultur niemals im ganzen Unternehmen charakteristisch gleich, sondern vielmehr von Team zu Team sehr verschieden ist. Natürlich gibt es in vielen Unternehmen zentrale Unternehmenswerte, Führungsleitlinien, Verhaltenskodizes und vieles mehr. Dennoch wird kaum jemand bestreiten, dass zwischen den verschiedenen Führungskräften eines Unternehmens – sowohl persönlich als auch in Bezug auf das Führungsverständnis – große Unterschiede bestehen können.
Denken Sie einfach an Ihren Bereich, egal ob Sie nun Führungskraft oder Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung sind. Rufen Sie sich Gespräche mit Ihren Kolleginnen und Kollegen in Erinnerung. Wie sieht deren Bereich aus und wie wird dieser geführt? Wie reagieren Ihre Kollegen in schwierigen Situationen mit Mitarbeiten, wie gehen sie mit Krisen um? Haben Sie diese Gespräche teilweise überrascht? Sie haben sicherlich die Erfahrung gemacht, dass jeder Mensch anders mit Kritik, Krisensituationen oder Zeitdruck umgeht. Aufgrund unserer verschiedenen Persönlichkeiten und Verhaltensweisen entstehen verschiedene Arbeitsweisen. Der eine favorisiert direktes, kritisches Feedback, der andere bevorzugt viel Freiraum während der Arbeit. …Sehen Sie, es sind doch nicht alle so „gleich“. Bei uns im Unternehmen sind ebenfalls viele unterschiedliche Persönlichkeiten tätig und diese Verschiedenheit ist auch ein Teil unserer Identität.
Unser Ziel bei der Messung von Cultural Fit ist deshalb die Erhebung eines Status Quo, der auf die Kultur in dem Team eingeht, für das wir mit der Suche eines neuen Mitarbeiters beauftragt sind.
Wie genau messen wir den Cultural Fit?
In unseren Executive-Search-Prozessen legen wir ein besonderes Augenmerk auf eine gemeinsame kulturelle Basis. Wir betrachten sowohl die Teamkultur als auch die kulturellen Erwartungen sowie Einstellungen potenzieller Kandidaten und gleichen diese beiden Perspektiven ab.
Nach unserer Einschätzung sind drei Kategorien in der Cultural-Fit-Analyse zu betrachten, um die „Teamkultur“ erfassen zu können und als Einstellungskriterium nutzbar zu machen:
- Mitarbeiter: In dieser Kategorie werden Aspekte der Zusammenarbeit und Kooperation, dem Umgang mit Vielfalt und die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten von Mitarbeitern thematisiert.
- Führungskräfte: Diese Kategorie beleuchtet den Umgang mit Informationen, die Kommunikationsweisen und die Unterstützung sowie Übertragung von Verantwortlichkeiten durch die Führungskräfte.
- Unternehmen: In dieser Kategorie werden spezifische Aspekte des Unternehmens, wie beispielsweise die Kundenorientierung, Innovation und der Wandel dargelegt. Zudem werden Strategien zu Bindung und Identifikation mit dem Unternehmenszweck ergründet.
Diese drei Kategorien unterteilen wir dementsprechend in vierzehn Dimensionen (siehe Grafik), die wir bei der Cultural-Fit-Analyse betrachten.

Das Ergebnis einer Cultural-Fit-Analyse (Beispiel)
In diesen Schritten führen wir die Cultural-Fit-Analyse durch:
-
Schritt 1: Umfrage im Team
Im ersten Schritt finden wir heraus, für welche Teamumgebung der neue Mitarbeiter rekrutiert wird. Mit Hilfe einer Online-Umfrage erhalten wir einen Eindruck von der Kultur im jeweiligen Team. In den 14 Dimensionen werden jeweils eine oder mehrere Aussagen formuliert, die die Umfrageteilnehmer auf einer Skala von 1 bis 5 als zutreffend bzw. nicht zutreffend bewerten. Die zu bewertenden Aussagen könnten beispielsweise folgende sein:
Dimension Unterstützung/ Verlässlichkeit/Förderung durch die Führungskraft:
„Führungskräfte in unserem Unternehmen sind im regelmäßigen Austausch mit ihren Mitarbeitern.“
„Führungskräfte in unserem Unternehmen treffen stabile, nachhaltige und beständige Entscheidungen, um diese in entsprechender Form auch an ihre Mitarbeiter weitergeben zu können.“
Dimension Innovation/Wandel:
„Unser Unternehmen nimmt Veränderungen des Marktes auf und leitet daraus Anpassungen ab.“
„Unser Unternehmen ist fähig, externe Veränderungsbedarfe und interne Möglichkeiten in Einklang zu bringen.“
Der Auftraggeber kann flexibel entscheiden, welche und wie viele Mitarbeiter teilnehmen sollen. Diese Umfrage bleibt anonym, damit wir ein realistisches Bild der Teamumgebung erhalten. Uns geht es nicht darum, persönliche Konflikte und teaminterne Widersprüche offenzulegen.
-
Schritt 2: Befragung der Kandidaten
Im zweiten Schritt befragen wir den Kandidaten, der für die offene Stelle infrage kommt. Dieser gibt in einer äquivalenten Befragung Einblicke in die von ihm präferierte Unternehmens- bzw. Teamkultur.
-
Schritt 3: Vergleichen der Ergebnisse
Im dritten Schritt vergleichen wir die Ergebnisse aus den vorangegangenen Befragungen. Der Cultural Fit ergibt sich letztendlich aus dem Matching der Kulturerhebung im Team und der des Kandidaten und fließt in vertrauliche Berichte ein. Die Grafik (siehe oben) zeigt das Ergebnis einer beispielhaften Cultural-Fit-Analyse.
Fazit
Die kulturelle Passung eines Kandidaten ist Voraussetzung für ein erfolgreiches und langfristiges Arbeitsverhältnis und sollte schon bei der Rekrutierung berücksichtigt werden. Mit der beschriebenen Cultural-Fit-Analyse fügen wir dem Auswahlprozess – zusätzlich zu den gängigen Verfahren und Prozessen – eine weitere Komponente hinzu. Diese hilft dabei, den Aspekt der kulturellen Passung im Auswahlprozess strukturiert zu thematisieren und den passenden Kandidaten für die vakante Position zu finden.
Haben Sie Fragen oder möchten Sie gerne mehr über den Einsatz des Cultural-Fit-Tools bei von Rundstedt Executive Search erfahren? Sprechen Sie uns an: cvrundstedt[at]rundstedt.de oder siemen[at]rundstedt.de
Constantin von Rundstedt und Dr. Christian Siemen
Koautor Dr. Christian Siemen verfolgt als Head of Competence Center Talent & Career Management bei von Rundstedt das Ziel, Kundenunternehmen sowie deren Führungskräfte und Mitarbeiter bei der Ausgestaltung und der Entwicklung von Mosaikkarrieren zu unterstützen. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler ist Experte in der beruflichen Eignungsdiagnostik, Organisationskulturanalyse sowie in Personalentwicklungsprozessen.
[Bildnachweis: ©iStock.com/baona]
Aktuellste Kommentare